Steuerstraf­verfahren eingeleitet Ermittlungsverfahren läuft

Steuerrecht

Steuerstrafverfahren Ablauf

Das Steuerstrafverfahren wird durch die Straf- und Bußgeldstelle des für den Beschuldigten zuständigen Finanzamtes (Bustra) eingeleitet. Dies erfolgt durch Versendung des sog. „gelben Briefes“ samt Post- und Zustellungsurkunde an die Wohn- oder Firmenadresse des Beschuldigten.

Im Einleitungsschreiben wird zum Vorwurf der möglichen Steuerhinterziehung Stellung genommen, mit kurzer Darstellung des Tatvorwurfes samt Bezeichnung der jeweiligen hinterzogenen Steuerart und dem betreffenden Veranlagungsjahr oder betroffenem Veranlagungszeitraum.

Der Beschuldigte erhält eine Belehrung über den strafrechtlichen Status samt Hinweis zur Abgabe einer Stellungnahme über den angegebenen Tatvorwurf.

Steuerstrafverfahren Gründe

Nichtabgabe Steuererklärungen

In der Praxis ist sehr häufig der Fall, dass der Steuerpflichtige seit Jahren keine jährliche(n) Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht hatte. Dann erhält er vom Finanzamt einen jährlichen geschätzten Steuerbescheid. Die geschätzte Steuerzahlung wird fristgerecht entrichtet. Durch die Zahlung glaubt der Steuerpflichtige, dass sich damit die Abgabefrist erledigt hat und wartet auf den Folgebescheid im nächsten Jahr mit analogem Vorgehen.
Dies ist jedoch ein großer Irrtum, denn nahezu jeder Steuerpflichtige unterliegt der Erklärungspflicht. Ausnahme läge nur dann vor, wenn das Finanzamt die Abgabe der Steuererklärung auf Antrag ablehnt.
In Folge der seit 2017 ausschließlich elektronischen Steuerveranlagungen kommt es vermehrt dazu, dass die EDV der Finanzämter ein Signal abgibt, sollten in der Vergangenheit keine Steuererklärungen eingereicht worden sein. Dies führt zu einer Meldung an die Bustra, welche das Steuerstrafverfahren einleitet. Parallel ergeht dann i.d.R. eine Prüfungsanordnung für eine Außenprüfung zur Ermittlung der tatsächlichen Einkünfte rückwirkend im nichtverjährten Zeitraum.

Kontrollmitteilung im Rahmen einer Betriebsprüfung

In der Praxis liegt ebenfalls sehr häufig der Fall vor, dass eine Außenprüfung durch das Finanzamt angeordnet wird.

Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:
Erstens, der Steuerpflichtige ist Unternehmer und die Außenprüfung erfolgt über den Betrieb seiner Firma. Sollten sich im Wege der Außenprüfung Anzeichen für einen ersten Anfangsverdacht einer Steuerstraftat aufzeigen, ist der Prüfer gezwungen, die Prüfung umgehend abzubrechen und eine Meldung an die Bustra zu tätigen. Dies schon deswegen, da sich der Prüfer anderenfalls wegen Strafvereitelung und ggf. Beihilfe zur Steuerhinterziehung eigens strafbar machen würde. Die Bustra leitet dann das Strafverfahren gegen den Firmeninhaber ein.

Zweitens, die Außenprüfung findet bei einer Firma statt, mit der der Steuerpflichtige Geschäfte betreibt, z.B. über Fremdleistungen als Subunternehmer oder über Warenlieferungen. Sollte bei der Außenprüfung bei den entsprechenden Rechnungen Unregelmäßigkeiten oder Auffälligkeiten auftreten, wird der Prüfer eine Kontrollmitteilung an das Veranlagungsfinanzamt des Leistungsempfängers senden. Dieses Finanzamt erlässt dann ebenfalls eine Prüfungsanordnung, um den Vorgang spiegelbildlich offenzulegen. Sollte sich dabei eine Steuerstraftat aufzeigen, muss der Prüfer analog eine Meldung an die zuständige Bustra veranlassen. Diese leitet dann das Steuerstrafverfahren ein.

Anonyme Anzeige

Ebenfalls sehr häufig sind in der Praxis anonyme Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft oder anderen Ermittlungsbehörden. Oftmals werden diese vom geschiedenen Ehegatten, ehemaligen Mitarbeitern oder Kunden gestellt.
Beispiel: Eine Heilpraktikerin trennt sich von einer langjährigen Mitarbeiterin im Streit. Nach der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung reicht diese eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die ehemalige Arbeitgeberin ein und behauptet unter Darlegung von Beweisen, dass die Heilpraktikerin größere Bareinnahmen von Patienten erhält ohne dass Ausgangsrechnungen ausgestellt werden, wonach die Bareinnahmen als Schwarzgeld weder verbucht noch versteuert wurden und werden.

Diese Anzeige leitet die Staatsanwaltschaft im Wege ihrer Ermittlungen an das zuständige Finanzamt der Heilpraktikerin weiter, wonach die zuständige Betriebsprüfungsstelle eine Prüfungsanordnung an die Heilpraktikerin bekannt gibt.

Anfangsverdacht

Zu guter Letzt ist in der Praxis der Fall bestehender Anfangsverdacht sehr häufig.
Beispiel: Eine Baufirma bietet Montageleistungen im Marktvergleich stark verbilligt an und beschäftigt ausländische Monteure. Bei einer Zoll-Prüfung wird festgestellt, dass die Monteure nicht bei der gesetzlichen Krankenkasse angemeldet sind. Der Bauunternehmer beruft sich auf das Arbeitnehmerentsendegesetz. Bei den Zoll-Prüfern führt der Anfangsverdacht dazu, eine Lohnsteuerprüfung samt Sozialversicherungsprüfung beim Bauunternehmer einzuleiten.

Steuerfahndung

In den Fällen bestehender Verdunkelungsgefahr, Verschleierung oder Fluchtgefahr beim Beschuldigten ist bei dringlichem Anfangsverdacht oftmals Eile geboten. Hier kann die Bustra anstatt einer Betriebsprüfung einen richterlichen Hausdurchsuchungsbeschluss beim zuständigen Gericht erwirken. Die Ermittlungen übernimmt dann die Steuerfahndung.
Bei der Hausdurchsuchung raten wir dem Beschuldigten an, sofort(!) Kontakt mit seinem Steuerberater und Rechtsanwalt aufzusuchen. Der Beschuldigte wird dann bei der Durchsuchung und der späteren Ermittlungsarbeit des zuständigen Fahnders begleitet.

Steuerstrafverfahren Vorgehensweise

Nach Erhalt des Schreibens von der Bustra über die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens raten wir Ihnen an, sich spätestens dann umgehend an einen Strafverteidiger und einen Steuerberater mit Schwerpunktberatung Steuerstrafrecht zu wenden und diese zu beauftragen.

Danach erfolgt eine schriftliche Vertretungsanzeige bei der Bustra verbunden mit dem Antrag auf Akteneinsicht.
Im Steuerstrafverfahren gilt für den Beschuldigten immer zum Tatvorwurf zu schweigen und keine Stellungnahme abzugeben, gleichwohl dieser zur Stellungnahme im Einleitungsschreiben aufgefordert wird. Zu einer Stellungnahme wird nur dann angeraten, wenn diese durch Strafverteidiger und Steuerberater geprüft wurde.

Steuerstrafverfahren Keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr möglich

Sobald das Steuerstrafverfahren eingeleitet ist und dem Beschuldigten bekannt gegeben wurde, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen (sog. Ausschlussgrund). Gleiches gilt, wenn die Ermittlungen bereits aufgenommen wurden oder Tatentdeckung vorliegt.

Unsere Empfehlung

Für den Fall, dass das Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde und die Ermittlungen gegen den Steuerpflichtigen / Beschuldigten laufen, raten wir an, proaktiv mit der Bustra und dem Prüfer ins Gespräch zu kommen und mit diesem zusammen zu arbeiten.

Hier gilt es jetzt vordergründig sämtliche „Pluspunkte“ zu Gunsten des Beschuldigten und Steuerpflichtigen zu sammeln. Dazu zählt in erster Linie das aktive Bemühen des Steuerpflichtigen, die Tat lückenlos aufzuklären, mit dem Ziel einer vollständigen Schadenswiedergutmachung. In der Praxis wirkt es sich sehr vorteilhaft für den Beschuldigten aus, wenn dieser dem Prüfer die Ermittlungszeit erspart, um die richtigen Einkünfte vollständig festzustellen.
Über diesen Weg besteht zudem die Möglichkeit, mit dem Prüfer zu verhandeln und sich bestenfalls im Ergebnis zu einigen. Der Prüfer hat die gesetzliche Handhabe, sollten Einnahmen nicht lückenlos überprüft werden können – weil es z.B. keine Rechnungen oder Zahlungsnachweise mehr gibt oder nicht vorgelegt werden können – die Einnahmen nach amtlichen Richtwerttabellen zu schätzen (sog. Sicherheitszuschlag).
Entscheidend ist, dass das Steuervolumen bis zum Bericht über die Außenprüfung so gering wie möglich festgesetzt wird. Dies kann z.B. über eine Schlussbesprechung mit dem Prüfer und der zuständigen Sachgebietsleitung der BP-Stelle erfolgen oder im Rahmen einer sog. tatsächlichen Verständigung mit dem Finanzamt und der Bustra oder der Steuerfahndung.
Denn, sollte das Zahlenwerk im Prüfungsbericht festgestellt worden sein, ist dieses regelmäßig richtungsweisend oder gar bindend für die Strafzumessung im Steuerstrafverfahren.

Wir bieten Ihnen hierbei die Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt und einem im Bereich Steuerstrafrecht praxiserfahrenen Steuerberater an, der Sie richtig bis zum Ausgang der Betriebsprüfung (Ermittlungsphase) begleitet und bestmöglich berät.

Zudem bieten wir Ihnen über einen erfahrenen Strafverteidiger die strafrechtliche Vertretung gegenüber der Bustra oder im Falle der Anklage im gerichtlichen Verfahren an. Hier geht es darum, eine mögliche Einstellung des Verfahrens zu erreichen oder im Falle einer Verurteilung die Strafzumessung so niedrig wie möglich auszuhandeln oder zu erzielen.

Nach Abschluss des Strafverfahrens sollte dann eine erfahrene Steuerberaterkollegin oder ein erfahrener Steuerberaterkollege Sie zukünftig in Ihrer Firma richtig und vollständige beraten, so dass die alten Fehler nicht wieder begangen werden.